Im Juni 2016 stimmten mit einer Wahlbeteiligung von 72 % etwas über die Hälfte der britischen Wähler für den Brexit. Dieser beschreibt den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Der Brexit wird erhebliche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen für das Vereinigte Königreich und die EU mit sich ziehen und für weitreichende Konsequenzen sorgen. Der endgültige Austritt finden am Freitag, den 29. März 2019 statt.
Die Forderungen Großbritanniens
Das Vereinigte Königreich fordert zum einen, dass die Zuwanderung aus der EU gestoppt wird. Außerdem möchte Großbritannien keinen freien Personenverkehr, sowie keine Zollunion und einen Ausschluss aus dem Binnenmarkt. Der Brexit beinhaltet zudem, dass die Insel keine rechtlichen Regelungen der EU weiterhin einhalten muss, sondern das die Briten nun nach eignen britischen Gesetzen, sowie einer unabhängigen Handelspolitik handeln müssen. Durch den Austritt aus der EU ist Großbritannien des Weiteren von den Zahlungen finanzieller Beiträge an die Europäische Union befreit. Außerdem möchte das Vereinigte Königreich eigene Handelsverträge mit Drittländern aufstellen.
Die Wahlergebnisse und ihre Ursachen
Beim Brexit-Referendum wurden anders bei deutschen Wahlen keine umfassenden Nachwahlbefragungen durchgeführt. Dies hat zur Folge, dass keine genauen Daten zur Wählerstruktur und dem Verhalten der Abstimmenden vorhanden sind. Jedoch wurden kurz vor dem Referendum einige Umfragen durchgeführt, welche einige Daten über das Wahlverhalten der Briten liefern.
Ein Marktforschungsinstitut aus Großbritannien, sowie die Zeitung „The Times“ haben dafür knapp 3800 Wähler unterschiedlicher Altersklassen befragt. Die Erkenntnis: Die älteren Bürger bevorzugen den Brexit, wohingegen die jüngeren für die EU stimmten.
Die Ursache dafür war laut Meinungsforschern, dass die ältere Bevölkerung sich ihr eigenes, überschaubares Land aus der „guten alten Zeit“ zurückwünscht und die jüngere Bevölkerung lieber an der Zeit der Globalisierung und dem Zusammenwachsen Europas festhält.
Die Folgen für Großbritannien
Der Brexit birgt einige positive und negative Folgen für Großbritannien mit sich. Ein Vorteil für das Land wäre die Einführung von Handelszöllen, da diese die Wirtschaft der Insel ankurbeln würden. Bisher werden innerhalb der EU keine Handelszölle für Waren und Dienstleistungen erhoben. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU müssen außerdem jegliche Verträge, Gesetze und Verordnungen, welche zuvor durch die Europäische Union festgelegt waren, neu aufgestellt werden. Des Weiteren rechnet die Bank von England mit einem Absturz um 25% des britischen Pfundes.
Auch der Kampf um Lagerflächen für sogenannte „Hamsterkäufe“ sind eine Folge des Brexit. Die britischen Unternehmen sammeln dabei Importware, welche sie für die Produktion ihrer Güter benötigen. Dies hat zur Folge, dass die Flächen zum Lagern immer geringer werden.
Nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kann es zudem zu langen Wartezeiten an den Häfen kommen. Dies liegt der nach dem Brexit nötige Zollabfertigung der Warenlieferungen zugrunde. Die Lastwagenfahrer müssen sich durch die Grenzformalitäten auf lange Wartezeiten einstellen.
Die Folgen für die EU-Bürger
Durch den Brexit werden einige Veränderungen bei den EU-Bürgern zustande kommen.
Zum einen wird es schwieriger in das Land einzureisen. Bisher ist dazu lediglich ein Personalausweis bei den Grenzkontrollen notwendig. Dies könnte sich nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU allerdings ändern und Einreisende müssen ein Reisepass oder im schlimmsten Fall ein Visum benötigen. Die Deutschen würde die Visumpflicht jedoch nicht betreffen. Die EU-Kommission hat allerdings den Vorschlag gebracht, dass die Briten bei einem Kurzaufenthalten von bis zu 90 Tagen kein Visum innerhalb der EU benötigen. Daran ist allerdings die Bedingung geknüpft, dass Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten beim Einreisen nach Großbritannien für denselben Zeitraum kein Visum benötigen.
Ein weiterer Nachteil für EU-Bürger wäre die Gefahr, in Großbritannien zu erkranken. Bisher ist dies kein finanzielles Risiko, da die gesetzlichen Krankenkassen für Erkrankungen in EU-Ländern aufkommen. Da nach dem Brexit das Land nicht mehr ein Teil der EU ist, müssen gesetzlich Versicherte eine Auslands-Reisekrankenversicherung abschließen.
Des Weiteren wird nach dem Austritt Großbritanniens das Studieren für EU-Bürger dort deutlich teurer werden. Die Studiengebühren für EU-Ausländer sind im Vergleich deutlich geringer, als die für nicht-EU-Ausländer. Fragwürdig ist ebenfalls, ob bekannte Austauschprogramme wie beispielsweise Erasmus in Großbritannien weiterhin gelten.
Ein weiterer Nachteil für EU-Bürger ist, dass sich durch den Brexit Großbritannien nicht mehr zur Arbeitnehmerfreizügigkeit verpflichtet. Dadurch wird es den Arbeitern erschwert, Arbeit auf der Insel zu bekommen. Bisher konnte jeder EU-Bürger Arbeit in einem anderen Land der EU aufnehmen.
Durch den Austritt Großbritanniens aus der EU fehlen außerdem über 11 Milliarden Euro Netto in den Kassen der Europäischen Union, da das Land als zahlender Mitgliedsstaat entfällt.
Außerdem besteht die Möglichkeit, dass nach dem Brexit für EU-Bürger Roaminggebühren in Großbritannien anfallen. Bisher hatte die EU diese für mobiles Telefonieren und Surfen innerhalb der Europäischen Union abgeschafft. Nach Austritt des Landes aus der EU könnten dementsprechend erneute Gebühren anfallen, da die Regelung der EU lediglich für Mitgliedsstatten der Europäischen Union gilt. Nun bleibt die Frage offen, wie die Telefongesellschaften mit dieser Problematik umgehen. Die Schweiz beispielsweise ist als Nicht-EU-Land von vielen Telefongesellschaften von Roeminggebühren befreit.
Die Folgen für Deutschland
Durch den Austritt Großbritanniens aus der europäischen Union sind viele deutsche Arbeitsplätze in Gefahr. Zuletzt hat Deutschland Waren im Wert von knapp 90 Milliarden Euro nach Großbritannien exportiert. Sofern die Insel aus der EU, sowie aus dem Binnenmarkt aussteigt, besteht die Gefahr, dass beispielsweise deutsche Autobauer weniger Fahrzeuge nach Großbritannien exportieren. Dies hätte eine geringere Auslastung in den Fabriken, verbunden mit weniger benötigten Arbeitern zur Folge.
Die Hauptstadt Großbritanniens gilt bisher noch als der wichtigste europäische Platz für Finanzen. Dem Zugrunde liegt allerdings auch der Fakt, dass die Insel Mitglied der EU ist. Vermutungen nach wird Frankfurt diesen Platz nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU einnehmen. Dies könnte jedoch die Konsequenz mit sich ziehen, dass die Immobilien- und Mietpreise in der Großstadt und dem Umland durch die Decke schießen.
Kommende Termine
Am 29. März 2019 endet die britische EU-Mitgliedschaft um Mitternacht. Über die künftigen Beziehungen und das Handelsabkommen wird jedoch noch weiter verhandelt. Die Premierministerin Theresa May sieht deshalb eine Übergangsphase vor, durch welche die britischen Unternehmen weiterhin Zugang auf den europäischen Binnenmarkt haben. Dasselbe soll für Firmen von EU-Ländern gelten. Diese sollen während dieser Phase weiterhin Zugang auf den britischen Markt haben.
Im Juni 2019 findet die Wahl eines neuen Europaparlaments statt. Bisher gab es in diesem 73 Abgeordnete aus dem Vereinigten Königreich.
Bis Ende des Jahres 2020 endet außerdem für Großbritannien die Verpflichtung der Zahlungen von EU-Mitgliedsbeiträgen. Für Michel Barnier, den Verhandlungsführer der Europäischen Union, wäre dies ein sinnvolles Ende für eine möglicherweise bestehende Übergangsphase nach dem Brexit.