Startseite Neue Beiträge Der Ethereum Merge – was steckt hinter dem Wechsel zu PoS?

Der Ethereum Merge – was steckt hinter dem Wechsel zu PoS?

von Florian R.
94 Views
Der Ethereum Merge

Lange wurde er vorbereitet, viel wurde deswegen diskutiert: der Ethereum Merge. Dank dieses Updates wechselte die zweitgrößte Kryptowährung nach Bitcoin vom energieintensiven Proof of Work zu Proof of Stake. Nicht nur sollte Ethereum durch den Merge weniger Energie verbrauchen, die Community erwartete auch schnellere und günstigere Transaktionen sowie eine bessere Skalierbarkeit. Kritiker warfen dagegen ein, dass sich die Blockchain dadurch stärker zentralisieren würde. Mehrere Monate sind seit dem Update ins Land gezogen. Was hat der Merge nun gebracht und wo steht Ethereum jetzt?

Die Lage vor dem Merge

Ethereum ging 2015 online und stieg schnell zu einer der größten Kryptowährungen auf. Bald konnte die Schöpfung von Vitalik Buterin die Kryptowährung Ripple vom Platz stoßen. Seitdem behauptet der ETH-Token den zweiten Platz in Sachen Marktkapitalisierung, gleich hinter Bitcoin selbst. Was genau aber Ethereum ist, lässt sich hier nachlesen.
Dieses Blockchain-Projekt hob sich schon früh von Bitcoin ab, denn es wollte mehr bieten als nur Transaktionen von digitalen Zahlungsmitteln. Stattdessen entstehen auf Ethereum ganze Ökosysteme auf der Grundlage der Blockchain-Technologie mit ihren eigenen Kryptowährungen.

So erfolgreich Ethereum auch war, zeigten sich bald einige Schwächen. Wie Bitcoin setzte Ethereum auf den Proof of Work, auf das arbeits- und rechenintensive Mining. Dabei sucht die leistungsstarke Hardware nach einem versteckten Wert innerhalb der Blockchain. Wenn ein Mining-Gerät diesen Wert findet, dann verifiziert es die im neuen Block gesammelten Transaktionen und fügt den neuen Block der Blockchain hinzu.

Der Stromverbrauch des Minings wird bis heute kontrovers diskutiert. Befürworter pochen auf seine Dezentralität, auf den Schutz gegen Angriffe und Manipulationen und auf ökonomische Überlegungen, da ein Wert nicht aus dem Nichts geschaffen werden kann (ähnlich wie man Gold erst schürfen muss). Kritiker bemängeln nicht nur den Stromverbrauch, sondern auch die Langsamkeit eines solchen Netzwerkes. Nach dem Blockchain-Trilemma kann eine Kryptowährung nicht zugleich dezentral, sicher und skalierbar (sprich: schnell) sein.

Was das für Ethereum bedeutete, bekamen Nutzer und Anleger unter anderem zu den Hochzeiten von 2017 zu spüren. Das dezentrale Blockchain-Game CryptoKitties hatte es im Dezember desselben Jahres geschafft, für Transaktionsstaus auf der Blockchain zu sorgen, während die Gebühren ins Astronomische stiegen. Nicht nur solche Bedenken, auch der Umwelt zuliebe trieben die Entwickler den Wechsel zu Proof of Stake voran.

Ethereum steigt auf PoS um

Nach vielen Tests und verschobenen Terminen fand der Merge („Verschmelzung“) schließlich am 15. September 2022 statt. Dabei verschmolz die laufende Blockchain mit der Beacon-Chain. Hierbei handelte es sich um das Testnet für den Proof of Stake. Von nun an entschied nicht mehr die Rechenleistung der Miner darüber, wer die anstehenden Transaktionen verifizieren kann. Stattdessen kommt der „Stake“ zum Einsatz.

Um als Validator dem Netzwerk seine Dienste anzubieten, muss man zunächst eine große Menge an ETH halten und einfrieren. Das ist der sogenannte Stake. Validatoren werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Je größer der Stake, desto höher die Wahrscheinlichkeit, ausgewählt zu werden. Anschließend bestätigen sie die anstehenden Transaktionen, fügen der Blockchain den nächsten Block hinzu und bekommen eine Belohnung in Form von ETH anerkannt. Dieser Vorgang verbraucht kaum Strom und kommt ohne teure Hardware aus. In der Tat konnte Ethereum nach dem Wechsel seinen Stromverbrauch um 99,95 Prozent reduzieren.

Alle anderen Vorgänge laufen weiterhin so ab wie zuvor. Ob es nun der Handel mit ETH oder anderen Ethereum-basierten Tokens ist, der virtuelle Kunsthandel mit NFTs, Blockchain-Games oder Decentralized Finance – alle Vorgänge gingen fließend in den Proof of Stake über. Die große Katastrophe, der Zusammenbruch des Netzwerkes, blieb aus. Möglicherweise auch deswegen, weil man zuvor so ausgiebig getestet hatte.

Ist Ethereum nun zentralisierter als zuvor?

Das neue Ethereum 2.0 wird nun nicht mehr von einem dezentralen Netzwerk aus verschiedenen Minern aufrechterhalten. Jetzt sind es nur einige wenige, wohlhabende Staker, welche die Transaktionen und die Entwicklung der Blockchain in der Hand halten und damit das Netzwerk zu ihren Gunsten kontrollieren könnten. So jedenfalls befürchteten die Kritiker, doch ist das eingetreten?

Kurz nach dem Merge tauchten Nachrichten darüber auf, wonach der Staking-Anbieter Lido einen Großteil des Staking-Vermögens auf sich allein vereinte. Allerdings besteht Lido aus einer Reihe von unabhängigen Entitäten. Lido kann über diese nicht direkt verfügen. Das tröstet allerdings nicht darüber hinweg, dass bis zum heutigen Tag Staker ihre Stakes nicht abheben können. Dieses Update soll erst im März 2023 kommen.

Schnellere Transaktionen – wo sind sie?

Ein Argument für den Merge war die mangelnde Skalierbarkeit der Blockchain und die Langsamkeit der Transaktionen. Mit 15 Transaktionen pro Sekunde lag Ethereum weit abgeschlagen im Vergleich zu anderen Blockchains dieser Art wie Solana oder Cardano. Das sind nicht genügend Transaktionen, um ganze DeFi-Plattformen, Blockchain-Games und den NFT-Handel verarbeiten zu können. Zudem sorgen die teils hohen Gebühren für Frustration bei den Nutzern und DeFi-Tradern.

Jedoch haben noch vor dem Merge viele Ethereum-Entwickler abgestritten, dass die Transaktionen nach dem Merge schneller verifiziert würden. Auch auf die Gas-Gebühren wirkte sich der Wechsel zum PoS nicht automatisch positiv aus. Diese Dinge hängen letztlich noch immer von der dApp ab, welche gerade genutzt wird und die Transaktionen verarbeitet.

Auch wenn es mit weiteren Updates nicht undenkbar ist, dass Ethereum in Zukunft seine Transaktionszeiten verbessert, bislang bleibt es bei Zeiten zwischen 10 bis 15 TPS. Die Gas-Gebühren schwanken ebenfalls wie gewohnt, in erster Linie abhängig von den Vorgängen auf der Plattform.

Was hat der Merge gebracht?

Auch auf den Kurs hat der Merge keinen großen Effekt gezeitigt. Innerhalb des Septembers 2022 stieg der Preis zwar und konnte einige Verluste der Vormonate wiedergutmachen. Doch ein nachhaltiger Anstieg des ETH-Kurses blieb aus und an die Höchstwerte vom November 2021 kam der Preis lange nicht heran. Aktuell befindet sich Ethereum weiterhin im Winterschlaf, wie der Rest des Marktes.

Rückblickend lässt sich sagen, dass die Befürchtungen der Kritiker nicht eingetreten sind. Noch ist das Ethereum-Netzwerk dezentral verteilt, der Wechsel zum Proof of Stake hat nicht dafür gesorgt, dass nur einige wenige wohlhabende Stakeholder das Sagen haben. Die Befürworter des Wechsels können den verringerten Stromverbrauch für sich verbuchen. Gleichzeitig sind andere Erwartungen an den Merge ausgeblieben. Weder ist Ethereum aktuell schneller als mit Proof of Work, noch sind die Gas-Gebühren wesentlich geringer. Im Grunde läuft alles seitdem wie zuvor. Allerdings ist die Entwicklung an Ethereum noch lange nicht abgeschlossen. Weitere Updates werden folgen, welche darauf abzielen, die Skalierbarkeit und Sicherheit der Blockchain zu verbessern.

Das könnte Sie auch interessieren